Meine Ahnenforschung
Autor: Bernhard Pietrass
(Kontakt)
Wie ich zur Ahnenforschung kam
Vor meiner Pensionierung im Jahr 2003 hatte ich mich nicht besonders für meine
fernen Vorfahren interessiert. An meine Grosseltern in Ostpreussen, die in Kampen
und Martinshagen gewohnt hatten, konnte ich mich noch gut erinnern,
obwohl ich erst sechs Jahre alt war, als wir Anfang 1945 aus Ostpreussen
flüchten mussten. Meine Urgrosseltern kannte ich nur von Erzählungen
meiner Eltern.
Unsere Familiendokumente waren auf der Flucht verlorengegangen.
Ich hatte nicht einmal eine standesamtliche Geburtsurkunde, sondern
nur eine eidesstattliche Erklärung meiner Eltern über meine Geburt.
Seit 1984 besitze ich aber ein sehr nützliches Familiendokument:
Einen Familienstammbaum, den mein Bruder Martin anlässlich der goldenen
Hochzeit meiner Eltern von Hand auf ein grosses Blatt Papier gezeichnet
hatte. Dort sind auch die Daten eingetragen, die meine Eltern über ihre
Vorfahren angegeben hatten. Daher wusste ich, dass ich einen Urgrossvater Johann
Pietrass habe, der 1836 in Martinshagen geboren wurde. Weiter zurück
in die Vergangenheit geht der Familienstammbaum nicht.
Mein Interesse an der Ahnenforschung wurde im Jahre 2002 geweckt, als mein
Sohn Stefan mir berichtete, dass er eine E-Mail von
Edith und Knut Pietrass
aus Australien erhalten hatte. Diese suchten weltweit im Internet Personen
mit dem Familiennamen "Pietrass", um mögliche Verwandte zu finden. Sie
berichteten, dass Knuts Grossvater in Widminnen im Kreis Lötzen in Ostpreussen
gelebt hatte. Ich hielt es für sehr wahrscheinlich, dass Knut P. und ich
gemeinsame Vorfahren in Ostpreussen hatten, denn Widminnen liegt nicht weit
entfernt von Martinshagen (ca. 20 km). Es enstand die interessante Frage:
Wie sind wir verwandt und wie können wir das herausfinden?
Mir war klar, dass Ahnenforschung viel Zeit erfordert. Deshalb nahm ich
mir vor, mich nach meiner Pensionierung im März 2003 mit der Aufklärung der
Verwandtschaftsfrage zu beschäftigen. Inzwischen erfuhr ich, dass neben meinem Sohn Stefan auch mein Bruder
Alfred
E-Mails mit Edith und Knut P. in Australien ausgetauscht hatten. Alfred war über seine Tochter Tanja (USA) dazu gekommen.
Im Januar 2004 sandte ich meine erste E-Mail an Edith und Knut P. nach Australien.Ich erhielt sofort Antwort und den Hinweis, dass ich bezüglich der Vorfahren von Knut P. seine Tante
Dagmar P.
in Hamburg anrufen könnte. Das tat ich dann auch, und es folgten einige längere Telefongespräche mit Dagmar, wo wir über unseren möglichen Verwandtschaftsgrad spekulierten. Wir kamen zu der Überzeugung, dass wir verwandt sind, aber es blieb unklar, wie wir verwandt sind.
Besonders interessant für mich war, dass Dagmar meine Tante
Selma P. (1908-1990),
die nach dem Krieg in Hamburg wohnte, persönlich kennengelernt hatte. Dagmars Vater
Georg Karl P. (1901-1983)
kannte meine Tante Selma bereits aus seiner Jugendzeit in Ostpreussen, vom gemeinsamen
Schlittschuhlaufen auf dem Buwelnosee. Selma wohnte in Martinshagen
und Georg Karl nur wenige Kilometer entfernt in Seehöhe
am südlichen Ende des Buwelnosees. Selma heiratete später meinen Onkel
Alfred P. (1908-1944)
aus Martinshagen, und Georg Karl wohnte später in Widminnen. Nach dem Krieg hatten sich Georg Karl und Selma bei Ostpreussentreffen wiedergesehen.
Nach Telefongesprächen mit meinem Bruder Alfred nahmen wir an, dass unser Grossvater
Richard (*1869 in Martinshagen) und Dagmars Grossvater Julius (*1866) aus Seehöhe
möglicherweise Brüder oder Cousins waren. Aber wie könnten wir das beweisen?
Spurensuche in Ostpreussen
Ich dachte, es wäre das Beste, nach Masuren zu fahren, um dort an Ort und Stelle nach alten Familiendokumenten zu suchen. Ich fragte meine Brüder
Alfred,
Richard und
Martin,
ob sie mitfahren würden. Alle drei stimmten zu. Martin hatte bereits Ostpreussen-Erfahrung
(er war 2002 mit seiner Frau dort gewesen) und kümmerte sich um die Quartierbestellung.
So trafen wir uns am Morgen des 17. Juni 2004 in Berlin und starteten
mit einem Mietauto unsere
Ostpreussenreise 2004
Unser Tagesziel war die
Pension Teresa
in Marcinowa Wola (Martinshagen), ca. 800 km von Berlin entfernt.
Wir fuhren die Route über Küstrin entlang der alten Reichsstraße Nr.1 bis Elbing, dann über Allenstein, Nikolaiken, Sensburg und Milken. Wir machten nur kurze Pausen, wechselten uns am Steuer ab, und erreichten unser Ziel noch vor Einbruch der Dunkelheit.
Wir wohnten eine Woche in der Pension Teresa am
Buwelnosee
und fühlten uns dort sehr wohl.
Wir machten Tagesausflüge in die Umgebung und suchten nach Spuren unserer Vorfahren in
Martinshagen,
Kampen und
Upalten.
Wir besichtigten die ehemaligen Höfe unserer Grossväter in Martinshagen
(Pietrass-Hof), Kampen
(Kerschling-Hof)
und natürlich die ehemalige Mühle unseres Vaters in Upalten
(Pietrass-Mühle),
meinem Geburtsort, wo ich seit 1945 nicht mehr gewesen war. Ich konnte mich aber noch gut an Upalten erinnern. Die Mühle und der See kamen mir vertraut vor.
Die Mühle unseres Vaters war nach dem Krieg stillgelegt worden. Zum Glück fand sich ein Investor, der die Mühle zu dem Gasthaus "Alte Mühle" umgebaut hat und damit das Gebäude vor dem Verfall bewahrt hat. Werbungstafeln für das
Gasthaus "Alte Mühle"
in Upalty sahen wir an mehreren Stellen am Strassenrand. Wir kehrten mehrmals in die "Alte Mühle" ein und liessen uns bewirten.
Ergänzung 2021:
Das Gasthaus "Alte Mühle" in Upalty wurde seit 2004 weiter ausgebaut und ist ausführlich im Internet dargestellt, siehe
Alte Mühle aktuell.
Im Internet gibt es auch eine Präsentation der "Pension Teresa" in Marcinowa Wola, siehe
Gästehaus Teresa aktuell.
Auf der Landkarte fanden wir östlich von Widminnen den Ort Pietrasze, der unserem Familiennamen verdächtig ähnlich ist.
Sind etwa unsere Vorfahren aus Pietrasze gekommen? Wir fuhren dorthin, konnten aber keine Spuren entdecken.
Am Ortseingang von Pietrasze machten wir ein originelles Erinnerungsfoto.
In Gizycko (Loetzen) besichtigten wir die
Kirche, in der unsere Eltern 1934 (d.h. vor 70 Jahren) geheiratet hatten, und wo meine Geschwister Gerda (1935), Alfred (1936) und ich (1938) getauft worden waren. Die Kirche ist renoviert. Sonntags findet ein Gottesdienst in deutscher Sprache statt. Wir fragten den Pfarrer nach alten Kirchenbüchern. Er sagte uns, dass dort keine Bücher von vor 1945 vorhanden sind.
Bei der Suche nach alten Familiendokumenten wandten wir uns an den "Deutschen Sozial-kulturellen Verein" in Gizycko (Lötzen). Dort sagte man uns, alte Standesamtsunterlagen von unseren Vorfahren könnten wir eventuell in dem
Staatlichen Archiv in Elk (Lyck) finden.
So fuhren wir dorthin und waren positiv überrascht, als wir erfuhren, dass dort Dokumente des Standesamts Milken (zuständig u.a. für Martinshagen) aus den Jahren 1874 bis 1902 vorhanden sind. Wir haben diese Standesamtsbücher (Geburten, Heiraten, Todesfälle) durchgesehen und eine Reihe von Einträgen gefunden, in denen Personen mit dem Namen Pietrass auftauchten. Die interessantesten sind (sinngemäss):
- Die Geburtsurkunde meines Onkels Wilhelm P.:
Vor dem Standesbeamten erschien heute, am 6. März 1902, der Grundbesitzer Richard Pietraß, wohnhaft in Marczinawolla, ...
ünd zeigte an, daß von der Minna Pietraß, geborene Schulz, ... am 2. März 1902 ... ein Knabe geboren worden sei und
daß das Kind die Vornamen Eduard Wilhelm erhalten habe.
- Die Eheurkunde der Schwester meines Grossvaters Richard P.:
Vor dem Standesbeamten erschienen heute, am 23. Dezember 1890, zum Zweck der Eheschließung
der Besitzer Mattheus Jegelka, geb. den 3.August 1860 zu Mysken , wohnhaft zu Mysken, ...
und die Besitzerstochter Mathilde Pietras, geb. den 13. Mai 1865 zu Marczinawolla,
Tochter des Grundbesitzers Johann Pietras und der Henriette geb. Hundsdörfer, wohnhaft zu Marczinawolla.
Trauzeuge: der Besitzersohn Eduard Pietras, 27 Jahre alt, wohnhaft zu Marczinawolla ...
Wir fanden eine Reihe von Einträgen über Pietrass-Familien aus Milken, deren Verwandschaft mit uns ungeklärt ist.
Wir fanden aber kein Dokument, das irgendetwas über die Verwandtschaft der Pietrass-Familien
in Martinshagen und Seehöhe ausgesagt hat.
Wir erfuhren, dass es in Ostpreussen erst ab 1874 Standesämter gab. Weiter zurückliegende Personenstandsdaten
könnte man nur in alten Kirchenbüchern finden. Diese sind aber infolge der Krieges heute in den Kirchen nicht
mehr vorhanden. Es erschien daher ziemlich aussichtslos, die Verwandtschaftsfrage aufzuklären.
Suche im Internet und im Evangelischen Zentralarchiv in Berlin
Die ungeklärte Verwandtschaftsfrage beschäftigte mich auch nach unser Rückkehr aus Ostpreussen.
Mir war klar, dass die Antwort nur in alten Kirchenbüchern gefunden werden kann. Gibt es heute noch alte Kirchenbücher aus Ostpreussen?
Im Juli 2004 begann ich im Internet zu suchen und wurde ziemlich schnell fündig.
Ich stiess zunächst auf den
Salzburger Verein,
der wertvolle Informationen über Familienforschung in Ostpreussen liefert. Dort fand ich, dass viele ostpreussische Kirchenbücher als Originale oder Kopien noch erhalten sind und über folgende Institutionen zugänglich sind:
Ich suchte bei dem Salzburger Verein im Internet gezielt nach erhaltenen Kirchenbüchern, die für meine Ahnenforschung von Nutzen sein könnten. Das sind vor allem Bücher der Kirchen Milken (fürMartinshagen/Marczinawolla), Eckersberg (für Seehöhe/Czierspienten) und Lötzen
für Kampen (Geburtsort meiner Mutter) und Upalten (Wohnort meiner Eltern).
Ich fand folgende Bücher, in denen ich relevante Daten vermutete:
-
Kirche Milken: Taufbuch 1834-1856, Begräbnisbuch 1848-1874, im Bestand der ZGL
- Kirche Eckersberg: Konfirmationen 1914 und 1917-1944, im Bestand des EZA
- Kirche Lötzen: Taufbuch Land 1851-1877, Heiratsbuch Stadt/Land 1830-1864 und 1864-1901, im Bestand des EZA
Ende Oktober 2004 suchte ich das Evangelische Zentralarchiv in Berlin (Bethaniendamm 29) auf, um mir alte erhaltene Kirchenbücher
von Lötzen/Landgemeinde anzuschauen. Das war nicht so einfach, wie ich es mir vorgestellt hatte. Wegen der hohen Nachfrage muss man
sich für einen Arbeitsplatz an einem Mikrofiche-Lesegerät voranmelden. Ich erhielt daher nur für einige Stunden einen Arbeitsplatz.
Dennoch hatte ich ein Erfolgserlebnis. Im alphabetischen Namensverzeichnis Taufen 1877-1940, Lötzen Landgemeinde (Fiche-Nr. 3433, 3434)
fand ich folgende Einträge über meine Vorfahren:
- Otto Max Kerschling, geb. am 14.7.1881 in Campen (mein Grossvater), sowie seine Schwestern Margarethe (*23.12.1878)
und Johanna Clara (*6.8.1889)
- Johanna Maria Elisabeth Kerschling, geb. am 2.3.1909 in Campen (meine Mutter), sowie ihre Geschwister Frida Hedwig (*7.4.1906), Margarete Charlotte Käthe (*7.11.1911), Hildegard Gertrud (*4.2.1916) und Gottfried Franz Waldemar (*31.1.1919)
In dem Namensverzeichnis fand ich auch Einträge über meine Taufe am 5.6.1938, sowie die Taufen meiner Geschwister Gerda (1.9.1935) und Alfred (25.12.1936). Ich freute mich über diese Dokumentation meiner Geburt, auch deshalb, weil meine Geburtsurkunde im Krieg verlorengegangen war.
Dagmar P. hatte mir mitgeteilt, dass ihre Grossmutter Auguste Dmoch 1870 in Schimonken, Kreis Sensburg, geboren wurde. Daher war zu vermuten, dass sie ca. 1895 in Schimonken Julius P. geheiratet hatte. Die Kirchenbücher von Schimonken sind grösstenteils im EZA vorhanden, und ich fand tatsächlich den entsprechenden
Kirchenbucheintrag, der sinngemäss lautet:
Getraut sind am 16. Juli 1897
Julius Pietras, Grundbesitzer aus Cirspienten, 30 J.,
und Auguste Dmoch aus Schimonken, 26 J.
Leider gibt es in dem Kirchenbuch keine Angaben über die Eltern des Brautpaars. Daher blieb es unklar, wo Julius geboren wurde und wer seine Eltern waren.
Da ich in Hohentengen am Hochrhein sehr weit entfernt von Berlin (EZA) und Leipzig (ZGL) wohne, schien es mir einfacher, die Möglichkeiten bei den
Mormonen
für die Familienforschung zu nutzen. In Berlin beim EZA hatte ich erfahren, dass es in den Mormonenkirchen Familienforschungsstellen gibt, die nach Anmeldung von jedermann genutzt werden können. Die Mormonen verfügen über das weltweit grösste Mikrofilm-Archiv von alten Kirchenbüchern. Die Mikrofilme kann man gegen eine geringe Gebühr nach Katalog bestellen und in den Familienforschungsstellen lesen.
Im November 2004 suchte ich im Internet bei den Mormonen nach erhaltenen Kirchenbüchern aus Ostpreussen und fand, dass die Kirchenbücher von EZA und ZGL meist auch bei den Mormonen vorhanden sind. Ich suchte nach Mormonenkirchen in der Nähe meines Wohnorts Hohentengen am Hochrhein und fand eine in Zürich, nur ca. 30 km von meinem Wohnort entfernt.
Ahnenforschung bei den Mormonen
Nachdem ich in Zürich vom Leiter der Genealogie-Forschungsstelle in die Familienforschung bei der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen) eingeführt worden war, begann für mich eine spannende Zeit der Suche nach meinen Vorfahren in alten Kirchenbüchern aus Ostpreussen.
Ich verschaffte mir zuerst einen Überblick, welche Kirchenbücher bei den Mormonen vorhanden sind und welche davon für meine
Ahnenforschung wichtig sein könnten. Dies waren vor allen die Bücher der Kirche Milken (zuständig für Martinshagen)
- Evangelische Kirche Milken (Kreis Lötzen):
Taufen 1834-1847, Taufen 1848-1856, Tote 1848-1868, Tote 1869-1874
Diese vier Mikrofilme habe ich zuerst bestellt und durchgesehen.
In den Totenbüchern der Kirche Milken fand ich die folgenden interessanten Einträge (sinngemäss):
- Am 29.11.1848 starb in Martinswolla Maria P. geb. Grygo, die Witwe des Kölmers Christoph Pietraß, im Alter von 70 Jahren.
Erben: Friedrich, Catharina, Christoph, Gottlieb 25 J.
(Kopie)
- Am 23.4.1858 starb in Martinswolla der Kölmer Friedrich Pietraß im Alter von 50 Jahren.
Erben: Witwe Regina Wylutzki, Kinder: Carl 24J., Johann 22J., Friedrich 19J., Catharina 18J., Marie 11J., Minna 9J., Jacob 7J.
(Kopie)
- Am 10.8.1865 starb in Martinswolla Regina P., geb. Wylutzki, die Witwe des Kölmers Friedrich Pietraß im Alter von 56 Jahren.
Erben: Carl, Johann, Friedrich, Catharina, Marie, Minna, Jacob
(Kopie)
Damit hatte ich zwei weiter zurückliegende Generationen meiner Vorfahren in Martinshagen gefunden:
Der Vater meines Urgrossvaters Johann P. war Friedrich P. (*1808), Kölmer in Martinswolla. Er war mit Regina Willutzki verheiratet und hatte viele Kinder. Sein Vater war Christoph P., Kölmer in Marczinawolla. Er war mit Maria Grygo verheiratet.
In den Taufbüchern (1834-1856) der Kirche Milken fand ich die Geburtsdaten der Kinder von Friedrich P. und Regina Willutzki:
Damit hatte ich meinen Ur-Urgrossvater Friedrich P. (1808-1858) und seine Familie gefunden.
Er war Kölmer in Martinswolla. Doch was ist ein Kölmer? Dieser Begriff war mir unbekannt. Ich suchte im Internet und fand: Ein
Kölmer ist der Besitzer eines Erbhofes, den seine Vorfahren nach dem Kulmer Recht (benannt nach der Stadt Kulm an der Weichsel,
heute Chelmno nad Wisla) erworben hatten. Das Kulmer Recht war vom deutschen Ritterorden im 13. Jahrhundert in Preussen eingeführt worden,
und galt dort bis ins 18. Jahrhundert. Nach dem Kulmer Recht konnten Bürger Landgüter erwerben, waren zugleich aber zum Militärdienst
und zu Abgaben an den Orden und an die Kirche verpflichtet.
Darüberhinaus hatte ich gefunden: der Vater meines Ur-Urgrossvaters war
Christoph P. (*ca.1780).
Er wurde ca. 1780 geboren, war Kölmer in Martinswolla, war mit Maria Grygo verheiratet und starb vor 1848. Ihre Kinder waren
Friedrich (Hoferbe), Catharina, Christoph und Gottlieb. Dies alles folgt aus dem Kirchenbucheintrag über das Begräbnis von Maria Grygo 1848.
Als nächstes bestellte ich Mikrofilme von den verfügbaren Büchern der Kirche Eckersberg (zuständig für Seehöhe):
- Evangelische Kirche Eckersberg (Kreis Johannisburg):
Tote 1767-1876, Konfirmationen 1914, 1917-1944.
Ich hoffte, in den Totenbüchern etwas über die Familie von
Julius P. (1866-1944) aus Seehöhe (Czierspienten) zu finden. Es stellte sich heraus, dass nur das
alphabetisch geordnete Namensregister der Toten vorhanden ist. Dort fand ich die Einträge (sinngemäss):
- Am 29. März 1871 starb in Czierspienten Eduard Pietras im Alter von 1 Monat.
- Am 17. April 1873 starb in Czierspienten Auguste Pietras im Alter von 1 Jahr.
- Am 31. August 1876 starb in Czierspienten Adolf Pietras im Alter von 20 Tagen.
Handelt es sich bei den verstorbenen Kindern um Geschwister von Julius P. (*1866)? Wer waren ihre Eltern? Das Namensregister gibt leider
keine Antwort auf diese Fragen. Die Einträge zeigen auch, dass die Säuglingssterblichkeit damals sehr hoch war.
In dem Buch Kirche Eckersberg, Konfirmationen 1914-1944, fand ich Einträge über die Konfirmationen der Kinder von
Julius P. (1866-1944) aus Seehöhe. Die Frage nach den Vorfahren von Julius blieb aber unbeantwortet.
Im Januar 2005 bestellte ich Mikrofilme von Büchern der Kirche Arys, weil ich bei den Mormonen im Internet gefunden hatte,
dass in Odoyen (Kirche Arys Land) die Familie Carl Pietrass gewohnt hat. Carl (*1834) war der älteste Sohn meines Ur-Urgrossvaters
Friedrich P. (1808-1858) aus Martinswolla. Ich sichtete die 5 Mikrofilme
- Evangelische Kirche Arys (Kreis Johannisburg):
Arys/Land: Taufregister 1797-1915, Taufen 1825-1871, Taufen 1872-1895
Arys/Land: Tote 1859-1866, Tote 1915-1944
und fand eine ganze Reihe von Einträgen, nicht nur über die Familie
Carl P. (1834-1876) aus Odoyen,
sondern auch über die Familie Jacob P. (1851-1923) aus Buwelno. Jacob war der jüngste Sohn
meines Ur-Urgrossvaters Friedrich P. (1808-1858). Die gefundenen Daten sind in den beiden Familienblättern zusammengestellt.
Zusammenfassend kann ich feststellen, dass meine Ahnenforschung bei den Mormonen erfolgreicher war als ich erwartet hatte.
Dennoch blieb die Frage nach der Verwandtschaft von Julius P. (Seehöhe) mit meinem Grossvater Richard P. (Martinshagen)
unbeantwortet.
Suche im polnischen Staatsarchiv in Olsztyn (Allenstein)
Im Zentralarchiv der Evangelischen Kirche in Berlin und aus dem Internet hatte ich erfahren, dass weitere alte ostpreussische Kirchenbücher
und Standesamtsunterlagen sich in polnischen Staatsarchiven in Olsztyn (Allenstein) und Elk (Lyck) befinden:
- Archiwum Panstwowe w Olsztynie
ul. Partyzantow 18
PL-10-521 Olsztyn
- Archiwum Panstwowe w Suwalkach
Oddzial w Elku
ul. Armii Krajowej 17A
PL-19-300 Elk
Das Staatsarchiv in Elk hatten wir bereits 2004 besucht. Dort befinden sich ältere (1874-1902) Familiendokumente (Geburten, Heiraten, Todesfälle)
vom Standesamt Milken. Und welche relevanten Dokumente befinden sich noch in Olsztyn? Nach Auskunft des EZB, das über Kataloge der polnischen
Staatsarchive in Ostpreussen verfügt, sollten in Olsztyn vorhanden sein:
- Kirche Eckersberg (zuständig für Seehöhe/Czierspienten):
Taufen 1782-1888 (für 1760-1765 und 1819-1829 nur Namensregister)
Heiraten 1766-1878
Begräbnisse 1767-1876 (für 1864-1876 nur Namensregister)
Ich dachte, dass diese Kirchenbücher die offene Frage nach den Vorfahren von Julius P. (Seehöhe) aufklären könnten. Da aber diese Kirchenbücher weder beim EZB noch bei den Mormonen vorhanden sind, müsste man nach Olsztyn (Allenstein) fahren, um sie zu studieren.
Ostpreussenreise 2005
Im März 2005 fragte ich meinen Bruder Alfred (wohnhaft in Rendsburg), ob er mit mir nach Ostpreussen fahren würde, um die Kirchenbücher in Olsztyn zu studieren. Er stimmte zu, und wir planten eine einwöchige Reise im Sommer 2005. Da es uns 2004 in der Pension
Teresa in Marcinowa Wola (Martinshagen) so gut gefallen hatte, wollten wir wieder dort wohnen und von dort aus mit dem Auto nach dem ca. 100 km entfernten Olsztyn fahren.
Am 25. Juni 2005 starteten wir am Morgen mit einem Mietauto in Berlin und erreichten abends die Pension Teresa in Marcinowa Wola. Von dort aus fuhren wir mehrmals über Szymonka (Schimonken),
Mikolajki (Nikolaiken)
und Mragowo (Sensburg) nach Olsztyn (Allenstein), um dort im Staatsarchiv die alten Kirchenbücher zu studieren.
Im Staatsarchiv fanden wir in den alten Büchern der Kirche Eckersberg
die gesuchten Einträge über die Heirat von Fiedrich P. (Kirchenbucheintrag 1864) und die Geburt seines Sohns Julius (Kirchenbucheintrag 1866). Die Einträge lauten sinngemäss:
- Am 27. Dezember 1864 wurden getraut: der Jüngling Friedrich Pietras (26 J., Wirthssohn aus Martinswolla, Kirchspiel Milken)
und die Witwe Caroline Czichy (30 J., aus Czierspienten)
- Am 22. Oktober 1866 wurde Julius Pietras geboren. Vater: Friedrich Pietras (Wirth in Czierspienten), Mutter: Caroline Badzio
Damit hatten wir endlich gefunden, dass Julius P. in Czierspienten (Seehöhe) geboren wurde, und dass
Friedrich P. (1838-?) sein Vater war.
Friedrich hat den Hof in Czierspienten (Seehöhe) durch Heirat der Witwe Caroline Czichy geb. Badzio erworben.
Friedrich stammte aus Marczinawolla, sein Vater war der Kölmer
Friedrich P. (1808-1858).
Der erste Ehemann von Caroline Badzio, Johann Czichy, war am 23. Juni 1864 gestorben.
Weitere Familiendaten aus den Kirchenbüchern Eckersberg sind unter
Friedrich P. (1838-?) zusammengestellt.
Im Staatsarchiv Olsztyn fanden wir auch ein altes Buch der Kirche Milken: Taufen 1782-1793.
Bei der Durchsicht dieses Buches fanden wir folgende Einträge:
- 1783 Martinswolla: Dem Johann Pietras ist von seiner Ehegattin Euphrosina Janowskin am 27. October eine Tochter geboren, am 30. getauft und Anna Dorothea genannt. Testes: 1. Mathis Olschewski, 2. Sophia Nippin, 3. Jacob Nippa, 4. Annortha Borchertin, 5. Frau Johanna Kassubin
(Kirchenbucheintrag)
- 1785 Martinswolla: Dem Johann Pietraß ist von seiner Ehegattin Euphrosina Janowskin am 8. Januar eine Tochter geboren, am 10. getauft und Louisa genannt. Testes: 1. Michael Scheluwa, 2. Dorothea Scheluwin 3. Frau Pfarrin Anna Regina Schubertin, 4. Annortha Olschewskin, 5. H. Cantor Paulini
- 1788 Martinswolla: d. 29. Juni baptizatus est filius Friedrich, d. 27. natus, Pater: Johann Pietras, Mater: Euphrosina Janowskin.
Testes: 1. Paul Schimanski, 2. Elsa Schimanskin, 3. Maria Louisa Schubertin, 4. Carl Caschubas, 5. Louisa Olschewskin
(Kirchenbucheintrag)
- 1791 Martinswolla: d. 16. Februar baptizata est filia Regina, d. 14. Februar nata. Pater: Johann Pietras, Mater: Euphrosina Janowskin.
Testes: 1. Jacob Nippa, 2. Regina Nippin, 3. Anna Regina Schubertin, 4. Ernst Nippa, 5. Maria Nippin
- 1793 Martinswolla: d. 26. Mai baptizata est filia Anna Maria, d.23. Mai nata. Pater: Johann Pietras, Mater: Euphrosina Janowskin.
Testes: ...
Dies sind die ältesten bekannten Einträge, die die Existenz einer Pietrass-Familie in Martinshagen (Martinswolla) belegen.
Vermutlich ist Johann P. (*ca. 1750) der Vater von
Christoph P. (* ca. 1780). Die Geburtsdaten von beiden sind unbekannt, ihre Geburtsjahre wurden
aus anderen Familiendaten geschätzt. Es ist unklar, ob Johann in Martinswolla geboren wurde oder zugezogen ist. Diese Frage wie auch viele andere konnten nicht geklärt werden.
Nachtrag im Januar 2009
Oben ist meine Ahnenforschung bis 2005 beschrieben.
Meine Hoffnung, über das Internet Hinweise zu erhalten, wie ich noch weiter zurückliegende Familiendaten finden könnte, hat sich erfüllt. Ich kam in Kontakt mit Hans-Werner Erdt, Schriftleiter des Lötzener Heimatbriefes. Er riet mir, die Prästationstabellen (Steuer- und Mühlenlisten) des Amtes Lötzen zu studieren, die von 1750-1855 geführt worden sind und heute im Preussischen Staatsarchiv in Berlin-Dahlem lagern.
2007 studierte ich die Prästationstabellen des Amtes Lötzen bei den Mormonen in Zürich und fand, dass von 1750 bis ca. 1790 Jacob P. als Besitzer des Erbhofes in Marczinawolla eingetragen war. Damit war ich bei der Suche nach meinen Vorfahren eine Generation weiter zurück gekommen.
Jacob P.,
der Vater von Johann P. (ca. 1750-1800), lebte schätzungsweise 1720-1800.
Bei der Durchsicht weiterer alter Dokumente des Amtes Lötzen kam ich schließlich noch eine Generation weiter zurück. Ich fand, dass
Albrecht P. ab ca. 1720 der erste Besitzer des P-Hofes in Marczinawolla war. Wahrscheinlich kam er aus Lipiensken und und hat den Hof durch Heirat oder Kauf erworben.
Meine Ahnenforschung ab 2007 beschreibe ich ausführlicher unter
Weiter zurück in die Vergangenheit vor 1800.
Ostpreussenreise 2008
Im Sommer 2008 war ich wieder mit meinen Brüdern in Masuren. Wir wohnten auch wieder in der uns vertrauten Pension Teresa
in Marcinowa Wola (Martinshagen). Wir wandelten auf den Wegen unser Vorfahren in Martinshagen und Umgebung. Wir kehrten wieder in Upalten in das Gasthaus Alte Mühle
ein (früher die Mühle unseres Vaters) und spielten dort einen zünftigen Skat.
Wir ruderten auf dem Buwelnosee
und suchten nach Überresten der Wassermühle Przykop. Wir suchten und fanden das Werder am Buwelnosee, das erstmalig in einer Urkunde von 1553 erwähnt wurde.
Ergänzung 2021:
Das Gasthaus "Alte Mühle" in Upalty wurde seit 2004 weiter ausgebaut und ist ausführlich im Internet dargestellt, siehe
Alte Mühle aktuell.
Im Internet gibt es auch eine Präsentation der "Pension Teresa" in Marcinowa Wola, siehe
Gästehaus Teresa aktuell.
Wir besichtigten das ehemalige Lötzener Schloss
von aussen. Wir machten auch eine Schiffsreise von Lötzen nach Nikolaiken.
Wir waren auch im Staatlichen Archiv in Lyck, wo wir Urkundenbücher der Standesämter Rydzewen (Rotwalde) und Widminnen der Jahrgänge 1874-1905 studierten. Dort fanden wir Spuren von Pietras..-Personen aus Paprodtken (Goldensee), Junien, Wensowken, Czybulken, und Sucholasken (Rauschenwalde), die nicht zu unserer Pietras..-Linie (Martinshagen), sondern zu zwei anderen P-Linien gehören. Damit ist geklärt, dass die Pietrasse, die bis 1945 in Goldensee und Rauschenwalde wohnten, nicht zur Pietras..-Linie Martinshagen gehören. Dies ist ausführlich unter
Pietras..-Spuren in Masuren
dargestellt.
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