Wir Bruder Melchior Köchler von Schwansfeld, der Brüder des hohen Hospitals S. Maria des Deutschen Hauses von Jerusalem, oberster Spittler und Komtur zu Brandenburg, tun kund und bekennen öffentlich mit diesem unserem offenen Briefe allen und jeglichen, die ihn sehen, hören oder lesen, daß vor uns erschienen sind unseres Ordens liebe und getreue Einwohner des Dorfes Willkaschen, uns mit hohem Fleiß angelanget und gebeten, ihnen zu verschreiben und zu geben eine neue Handfeste, nachdem ihre alte Handfeste feuershalben ist abhanden gekommen;
(wir) haben angesehen ihre fleißige und nützliche Bitte, geben, verleihen und verschreiben mit wohlbedachtem Mute, Wissen und Willen den Einwohnern und der ganzen Dorfgemeinde Wolfssehe im Gebiet Brandenburg und Kammeramt Lötzen, ihren rechten Erben und Nachkömmlingen vierunddreißig Hufen an Acker, Wiesen, Weiden, Büschen, Brüchen und Sträuchern binnen ihren rechten und gewissen Grenzen, so und nachdem sie von unseres Ordens Brüdern sind beweiset worden, zu Magdeburgischen Rechten zu besitzen.
Davon sie alle Jahr jährlich steuern und geben sollen von jeglicher Hufe
1 Mark, 2 Hühner und 3 Scheffel Hafer auf den Tag Martini Episcopi.
Auch sollen sie alle Jahr jährlich von der Hufe verpflichtet sein zu scharwerken 14 Tage, so sie geheißen werden von uns oder unseren Brüdern.
Von den vorgenannten 34 Hufen geben, verschreiben und verleihen wir dem Schulzen Johann Gurzky Mattheus im genannten Dorf Wolfssee vier Hufen ihm, seinen rechten Erben und Nachkommen binnen denselben Grenzen, frei erblich und ohne Scharwerk zu Magdeburgischen Rechten zu besitzen, davon sie einen redlichen tüchtigen Dienst tun sollen mit Hengst und Harnisch nach Landesgewohnheit.
Auch sollen sie und ihre rechten Erben und Nachkömmlinge verpflichtet sein, uns zu geben alle Jahr einen Scheffel Weizen und einen Scheffel Korn.
Von sonderlichen Gnaden gönnen, zulassen und verschreiben wir ihm zwei Säcke zu stellen frei im See Wolfen, allein zu Tisches Notdurft und nicht zu verkaufen.
Auch sollen sie keine Fließe in keiner Zeit des Jahres verstellen, bei ihrer höchsten Buße.
Das zu Bekenntnis und ewiger Sicherheit haben wir unser Amtssiegel anhängen lassen an diesen Brief, der gegeben ist zu Lötzen am Sonnabend nach unseres Herrn Christi Himmelfahrt 1493.
Zeugen dieser Dinge sind die ehrsamen in Gott andächtigen Brüder,
Jacob Reif genannt Walter, unser Pfleger zu Lötzen,
Bruder Adam von Halle, unser Hauskomtur,
Michael Turriller, unser Kellermeister,
Bruder Hans von Breitenstein unseres Ordens,
Nicolaus Schleisus, unser Schreiber
und andere treuwürdige Leute mehr.
In supra manu propria
(Siegel)
Nach der Abschrift von 1698 ist vermerkt:
Die Schulzenhufen besitzen folgende Wirte:
2 Hufen Hans Gottowska
1 Hufe 15 Morgen Jacob Katowski
15 Morgen Sigmo Erben
Summe 4 Hufen
Quelle: GStA PK, Signatur: EM 88e Nr.63, S.107.
Die handschriftliche Urkunde (eine Abschrift von 1698) wurde abgeschrieben, mit Anpassung an heutiges Deutsch.
Anmerkungen
(1) Willkassen wurde 1938 in Wolfsee umbenannt. Bemerkenswert ist, dass schon in der Verschreibung von 1493 beide Namen verwendet werden.
(2) Die Ordensburg Brandenburg befand sich am Frischen Haff nahe der Mündung des Flusses Frisching, ca. 20 km entfernt von Königsberg. Ein Markgraf von Brandenburg hatte sie 1266 errichten lassen. Nach 1750 ist sie verfallen und abgetragen worden.
(3) Eine kulmische Hufe sind ca. 17 Hektar. 1 Hufe = 30 Morgen.