Geschichte Ostpreussens: Zeittafel
Der Ordensstaat (1225 -1525)
Ursprünglich war Ostpreussen das Stammland der Pruzzen. Das von baltischen Pruzzenstämmen an der Ostseeküste besiedelte Gebiet wurde seit dem 10. Jahrhundert zur Interessensphäre der entstehenden und expandierenden deutschen und polnischen Staaten.
Im zehnten Jahrhundert gab der Polanen-Fürst Mieszko I dem Markgraf Gero und dem Kaiser Otto I den Lehnseid und erhielt vom Kaiser und dessen Nachfolgern Otto II und Otto III Land als Lehen. Mieszko hatte sich schon 966 christlich taufen lassen und damit das Christentum in Polen begründet.
- 1225 Der polnische Herzog Konrad von Masowien und Herrmann von Salza, Hochmeister des Deutschen Ordens, schliessen einen Vertrag, der das an die Pruzzen verlorene Kulmerland (benannt nach der Stadt Kulm an der Weichsel) im Falle der Rückgewinnung dem Orden als Eigentum verschrieb.
- 1226 Kaiser Friedrich II stellt in der Goldenen Bulle von Rimini das "heidnische" Pruzzenland unter die Herrschaft des Deutschen Ordens.
- 1230 Papst Gregor IX (oder IV?) bestätigt dem Deutschen Orden die Schenkung des Kulmerlands durch Herzog Konrad als "Eigentum des heiligen Petrus" zu ewigem Besitz.
Nach der Auffassung der damaligen Zeit konnten die obersten Autoritäten der Christenheit, Kaiser und Papst, über heidnisches und deshalb als herrenlos geltendes Land verfügen.
Der Deutsche Orden (Ordo Domus Sanctae Mariae Theutonicorum) wurde im Zusammenhang mit den Kreuzzügen 1190 von Lübecker und Bremer Kaufleuten als Krankenpflegeorden gegründet und 1198 in einen geistlichen Ritterorden mit Sitz in Akkon (bei Jerusalem) umgewandelt. 1291 velegte der Orden seinen Sitz nach Venedig, 1309 auf die Marienburg und 1457 nach Königsberg.
- ab 1231 Errichtung von Ordensburgen und erste Stadtgründungen: Thorn, Kulm, Marienwerder, Elbing, Balga, Braunsberg, Rössel, Heilsberg, Königsberg (1255), Marienburg (Baubeginn 1274).
- 1243-1245 Im Auftrag von Papst Innozenz IV wird das Prussenland in die Bistümer Kulm, Pomesanien, Ermland und Samland eingeteilt. Das Ordensland wird kirchlich dem Erzbischof von Riga unterstellt.
- 1260-1273 Grosser Aufstand der Prussen gegen den Deutschen Orden.
- 1283 Die Eroberung des Prussenlandes durch den Deutschen Orden gilt als abgeschlossen.
Der Deutsche Orden geht zum planmässigen Aufbau seines Staates über, der das Gebiet der Provinzen West- und Ostpreussens des 19. Jahrhunderts umfasste. Etwa 100 Städte und 1000 Dörfer werden in der folgenden Zeit gegründet und häufig mit deutschen Siedlern besetzt. Die politische, wirtschaftliche und religiöse Macht lag bei der Oberschicht von etwa 2000 Ordensrittern.
- 1352-1382 Das Ordensland erlebt unter dem Hochmeister Winrich von Kniprode seine Blütezeit. Nur an den östlichen Rändern geht der Krieg gegen Litauen weiter, dessen Eroberung und Christianisierung die offizielle Daseinsberechtigung für den Ordensstaat darstellt. Erste zaghafte Versuche werden unternommen, das spätere Masuren, "die grosse Wildnis", zu erschliessen.
- 1386 Der Fürst von Litauen Jagiello lässt sich in Krakau taufen, heiratet die polnische Königin Hedwig von Anjou und öffnet sein Land der christlichen Missionierung.
- 1409-1411 Krieg zwischen dem Deutschordensland Preussen und Polen-Litauen. In der Schlacht bei Tannenberg (Grunwald) 1410 erleidet der Orden eine vernichtende Niederlage. Im ersten Thorner Frieden 1411 kann der Orden seinen territorialen Bestand im wesentlichen behaupten. Er muss nur Schamaiten an Litauen abtreten.
- 1454-1466 13-jähriger "Städtekrieg". Die andauernde Finanzkrise im Ordensstaat und die Emanzipationsbestrebungen der Hansestädte führten zu einem Aufstand der im "Preussischen Bund" vereinigten Ritter und Patrizier, die zuvor um die Aufnahme Preussens in die polnisch-litauische Monarchie gebeten hatten.
- 1466 Im zweiten Thorner Friedensvertrag wurde der Ordensstaat geteilt. Das spätere Westpreussen mit Danzig, Elbing und Thorn sowie das Bistum Ermland wurden der polnischen Krone als autonomes Gebiet "Königliches Preussen" unterstellt. Das östliche Gebiet (das spätere Ostpreussen) verblieb dem Orden. Der Hochmeister musste jedoch dem polnischen König den Treueid leisten. Die Marienburg lag nun im polnischen "Königlichen Preussen". Der Hochmeister verlegte daher 1457 seine Residenz nach Königsberg.
Der Orden bemühte sich um Rückhalt bei den deutschen Fürsten. Darum wählte er seine Ordenshochmeister aus deutschen Fürstenhäusern. 1498-1510 residierte Herzog Friedrich von Sachsen in Königsberg. Ihm folgte 1511 Markgraf Albrecht von Brandenburg, der letzte Ordenshochmeister in Preussen.
- 1519-1521 Im "Reiterkrieg" versuchte der Deutsche Ritterorden den Niedergang seiner Macht gegenüber Polen noch einmal abzuwenden. Er wurde aber vom Kaiser und den deutschen Fürsten nicht unterstützt. Darum schloss er 1521 einen 4-jährigen Waffenstillstand, der 1525 schliesslich zum Friedensvertrag von Krakau führte. Der Orden musste die Regelungen des 2. Thorner Friedens anerkennen.
Herzogtum Preussen und Brandenburg Preussen (1525-1701)
- 1525 Der preussische Ordensstaat wird aufgelöst.
Markgraf Albrecht von Brandenburg-Ansbach, der ab 1511 Ordenshochmeister war, säkularisiert den Ordensstaat, der fortan das protestantische Herzogtum Preussen unter polnischem Lehen wird.
(Der polnische König Sigismund war der Bruder von Albrechts Mutter. Sigismund erkannte seinen Neffen Albrecht als erblichen Herzog in Preussen an und duldete die Einführung der lutherischen Reformation.)
- 1525-1568 Regierungszeit von Herzog Albrecht.
- 1618 Das Herzogtum Preussen fällt nach dem Tod des Sohnes von Herzog Albrecht durch Erbvertrag an die Linie der Brandenburger Hohenzollern, die Kurfürsten von Brandenburg.
- 1640-1688 Friedrich Wilhelm, (Kurfürst von Brandenburg, "der Grosse Kurfürst")
- 1641 Friedrich Wilhelm nimmt das 1525 unter polnische Lehnshoheit gekommene Herzogtum Preussen in Besitz.
- 1655-1660 Erster Nordischer Krieg.
- 1656/57 Tatareneinfall in Masuren.
- 1657 Vertrag zu Wehlau: Polen verzichtet auf die Lehnshoheit über Preussen (ohne Ermland)
- 1660 Friedensschluss von Oliva zwischen Österreich, Polen, Brandenburg einerseits und Schweden andererseits: Brandenburg muss auf Vorpommern verzichten, erhält aber endgültig die Lehnshoheit über Preussen. Damit ist die rechtliche Grundlage für die spätere Gründung des Königreiches der Hohenzollern gelegt.
- 1678/79 Winterfeldzug über das Frische und Kurische Haff, bei dem die Schweden vom Reichsboden vertrieben werden.
- 1688-1713 Regierungszeit von Friedrich III, Kurfürst von Brandenburg, der sich 1701 in Königsberg zum König in Preussen krönt. (Könige von Preussen erst nach der ersten Teilung Polens 1772)
Die Zeit der Preussenkönige (1701-1918)
- 1701-1713 Friedrich I (König in Preussen)
- 1708-1711 Grosse Pest in Preussen. Ein Drittel der Bevölkerung Ostpreussens fällt der Pest zum Opfer.
- 1713-1740 Friedrich Wilhelm I ("der Soldatenkönig")
Er festigt das Staatswesen. Er lässt Ostpreussen von Kommissionen bereisen, die das Land erfassen, den Boden bewerten und die steuerliche Ertragskraft feststellen. Von 1716-1719 werden die "Hufenschoßprotokolle" erstellt, die den Hufenschoß (vergleichbar mit der heutigen Grundsteuer) festlegen.
- 1714-1740 Repeuplierung (Wiederbevölkerung) Ostpreussens nach der grossen Pest.
- 1721 Die "Kriegs- und Domänenkammer", die spätere Regierung Ostpreussens wird gegründet.
- 1732-1733 30000 Salzburger Emigranten (Protestanten) werden in Ostpreussen angesiedelt, hauptsächlich in Preussen-Litauen.
- 1736 Verwaltungsreform: Ostpreussen wird geteilt in die "Deutsche oder Königsberger Kammer" und die "Litauische oder Gumbinner Kammer".
- 1740-1786 Friedrich II ("der Grosse")
- 1741/42 Friedrich nutzt die schwierige politische Situation Österreichs unter Kaiserin Maria Theresia (Erbfolgekrieg), um Schlesien zu besetzen.
- 1745 Zweiter Schlesischer Krieg. Nach mehreren siegreichen Schlachten gegen Österreich (u.a. bei Kesselsdorf) Friedensvertrag von Dresden: Österreich bestätigt den Besitz Schlesiens gegen Anerkennung von Maria Theresias Gemahl Franz Stephan von Lothringen-Toskana als Kaiser.
- 1756-1763 Im 7-jährigen Krieg behauptet Preussen den Besitz Schlesiens (1763 Frieden von Hubertusburg.)
- 1757-1762 Während des 7-jährigen Krieges besetzen russische Truppen (unter der Zarin Elisabeth) Ostpreussen, und 1760 vorübergehend auch Berlin. Nach dem Tod der Zarin Elisabeth 1760 (Nachfolger Peter III und Katharina II) wendet sich die bedrohliche Situation für Friedrich II. ("Mirakel des Hauses Brandenburg").
- 1772 Erste Teilung Polens. Vertrag zwischen Brandenburg-Preussen, Russland und Österreich. Preussen erhält Danzig und Thorn, das Ermland und den Netzedistrikt. Friedrich II trägt nun den Titel "König von Preussen".
- 1773 Friedrich II bestimmt, dass die alten preussischen Besitzungen (das ehemalige Herzogtum Preussen) "Ostpreussen" und das neuerworbene Gebiet "Westpreussen" genannt werden.
- 1786-1797 Friedrich Wilhelm II
- 1793 Zweite Teilung Polens durch Preussen und Russland. Preussen erhält Danzig und Thorn sowie die Distrikte Gnesen, Kalisch und Posen. Bildung der Provinz Südpreussen.
- 1794 Das allgemeine Preussische Landrecht fixiert die Familiennamen und weist die Kirchen an, Zweitschriften der Geburts-, Trau- und Totenregister jährlich bei den Gerichten zu hinterlegen, wovon heute nur ein Bruchteil überlebt hat.
- 1795 Dritte Teilung und völlige Auflösung Polens durch Russland und Österreich. Preussen tritt bei und erhält Teile Litauens und Masowiens mit Warschau (Neu-Ostpreussen) und der Wojewodschaft Krakau (Neu-Schlesien).
- 1797-1840 Friedrich Wilhelm III
- 1799 Einleitung der Bauernbefreiung auf den königlichen Domänen: Beseitigung der Erbuntertänigkeit, Ablösung der feudalen Verpflichtungen. Die Bauernstellen werden in freies Eigentum umgewandelt. Der adlige Grundbesitz bleibt bestehen. Die Befreiung der Domänenbauern von Hand- und Spanndiensten erfolgt 1804.
- 1802-1849 Umbenennung der Gerichte von Justiz-Amt in "Land- und Stadtgericht", zuständig u.a. für Grund- und Hypothekenakten, Testamentsachen, Nachlässe, Erbverträge. Akten in polnischen Staatsarchiven heute evtl. noch vorhanden.
- 1805 Schlacht bei Austerlitz. Niederlage der östereichisch-russischen Armee gegen Frankreich unter Napoleon.
- 1806 Abschaffung des Mahlzwangs (Mühlen-Consignationen), der die Bauern zwang, ihr Getreide nur bei Mühlenberechtigten mahlen zu lassen.
- 1806 Schlacht bei Jena und Auerstedt. Niederlage Preussens gegen Napoleons Armee. Napoleon besetzt Berlin. Der königliche Hof flüchtet nach Ostpreussen.
- 1807 Frieden von Tilsit zwischen Frankreich, Preussen und Russland (nach den Schlachten bei Preussisch Eilau und bei Friedland): Frankreich und Russland verständigen sich. Preussen verliert alle westelbischen Gebiete und alle Erwerbungen der zweiten und dritten polnischen Teilung. Preussen wird auf seine Kernprovinzen Brandenburg, Pommern, Preussen und Schlesien reduziert und muss hohe Kontributionen an Frankreich zahlen.
- 1807 Steinsche Agrarreform (Bauernbefreiung): Entschädigungslose Abschaffung der Gutsuntertänigkeit. Die Bauern werden persönlich frei, die Dienst- und Abgabeverpflichtungen an den Gutsherrn bleiben noch bestehen.
- 1813 Abfall Preussens von Napoleon, Militärbündnis mit Russland (Vertrag von Kalisch), Kriegserklärung Preussens an Frankreich. Niederlage Napoleons in der Völkerschlacht bei Leipzig.
- 1815 Schlacht bei Waterloo. Napoleon wird endgültig besiegt. Friedensregelung durch den Wiener Kongress: Preussen muss die polnischen Gebiete aus der dritten Teilung Polens abgeben. Gründung des Deutschen Bundes (locker gefügter Staatenbund), dem die souveränen Fürsten und die freien Städte Deutschlands angehören. Zum deutschen Bund gehören nur die Gebiete Preussens, die bis 1806 Teil des Römisch-deutschen Reiches gewesen waren.
- 1816-1819 Verwaltungsreform: Neue Kreisgrenzen in Ost- und Westpreussen. Landratsämter zuständig für Kreisverwaltung. Bezirksregierungen lösen die Kammern ab. Regierungsbezirke Königsberg und Gumbinnen für Ostpreussen, Danzig und Marienwerder (heute Kwidzyn) für Westpreussen. Hauptstadt Königsberg für Ostpreussen, Danzig für Westpreussen.
- 1824 Ost- und Westpreussen werden vereinigt zur Provinz Preussen mit der Hauptstadt Königsberg.
- 1833/34 Gründung des Deutschen Zollvereins unter Führung Preussens. Österreich wird nicht einbezogen.
- 1840-1861 Friedrich Wilhelm IV
- 1840-1905 Abwanderung von 630 000 Personen aus Ostpreussen.
- 1849-1879 Umbenennung der Gerichte von "Land- und Stadtgericht" in "Kreisgericht".
- 1849-1879 Abschaffung aller Dienstbarkeiten auf Grundstücken ohne Entschädigung der Grundherrn. Nach 1855 keine Praestationstabellen mehr. Regulierung des Grundbesitzes abgeschlossen für erbliche Pächter, Gärtner u.a.
- 1861-1888 Wilhelm I
- 1861 Gründung der Katasterämter zur Vermessung und Erfassung des Grundbesitzes. Die Katasteramts-Akten sind die Nachfolger der Prästationstabellen.
- 1871 Nach dem Sieg über Frankreich wird in Versailles das "2. Deutsche Reich" gegründet. Wilhelm I wird Deutscher Kaiser und Bismark wird Reichskanzler. Das 2. Reich war ein Bund von 25 deutschen Fürstentümern unter der Vormachtstellung Preussens.
- 1871-1881 Ost- und Westpreussen verlieren ca. 100 000 Personen durch Auswanderung, meist in die USA.
- 1878 Die Provinz Preussen wird in die Provinzen Ost- und Westpreussen gespalten.
- 1887-1890 Ca. 8000 Auswanderer aus Ostpreussen, meist in die USA.
- 1888-1918 Wilhelm II (letzter deutscher Kaiser)
- 1914-1919 Erster Weltkrieg.
- 1914/15 Schlacht bei Tannenberg und bei den Masurischen Seen. Die russischen Armeen werden zurückgeschlagen. Ab 1915 Wiederaufbau Ostpreussens.
- 1919 Vertrag von Versailles. Westpreussen fällt an Polen. Danzig wird ein selbständiger Stadtstaat. Damit wird Ostpreussen vom Reichskörper durch den polnischen Korridor abgetrennt. Das Memelgebiet kommt unter allierte Verwaltung und 1923 zu Litauen.
- 1919 Deutschland wird eine Republik aus 18 Bundesländern, eine parlamentarische Demokratie, nach dem ersten Tagungsort der verfassungsgebenden Nationalversammlung "Weimarer Republik" genannt.
- 1920 Volksabstimmung in Masuren (Bezirk Allenstein). 97,9% der Bevölkerung stimmen für den Verbleib in Deutschland.
- 1939-1945 2. Weltkrieg.
- 1945 Januar, Ostpreussen wird von der vorrückenden Sowjetarmee eingekesselt. Massenflucht der Bevölkerung aus Ostpreussen, teilweise über das zugefrorene Haff.
- 1945 Mai, Deutschland kapituliert, Kriegsende
- 1945 August, Potsdamer Abkommen. Preussen als Staat wird aufgelöst. Das nördliche Ostpreussen wird von der Sowjetunion okkupiert. Der südliche Teil kommt zu Polen.
- 1945-1947 Flucht und Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus Ostpreussen.